Halbtagsseminar
Gläubig altern - altert der Glaube?
Donnerstag, 20. April 2017, 9.45 - 12.30 Uhr
Bildungshaus Batschuns
Paul Michael Zulehner
Zu diesem Vortrag kamen besonders viele Interessierte (insgesamt 114 Besucher und Besucherinnen).
Prof Zulehner nahm in seinem Vortrag die Spannung zwischen dem Urvertrauen ins Leben und der menschlichen Urangst auf und zeigte auf, wie diese Spannung in persönliche, politische und spirituelle Bereiche des Lebens hineinwirken kann. Für ihn ist das Kernelement unseres Lebens das Urvertrauen. Es ist wie eine Grundmelodie unseres Lebens. Theologisch ausgedrückt: es ist unser Verbunden-sein mit Gott. Eine durchgängige Verbundenheit mit Gott hat Jesus gelebt. Diese Grundmelodie ist durchzogen von Glaube, Liebe und Hoffnung.
Die zweite Grundmelodie des Lebens ist die Urangst. Aus einer Abwehr dieser Angst entstehen Gewalt, Gier und Lüge. Diese Angst kommt im Wesentlichen nicht von außen, sondern sitzt innen in uns. In Übereinstimmung mit Monika Renz (mit Hinweis auf ihre Bücher „Erlösung aus Prägungen“ und „Hinübergehen“) meint P. Zulehner, dass wir mit der Geburt aus einer einheitlichen Wirklichkeit auftauchen. Unsere Urstimmung ist Grundvertrauen.
Die ersten Kapitel der Genesis (biblische Schöpfungsmythen) erschließen in Form von Mythen, was jede(r) von uns erlebt, - nämlich die Spannung zwischen Urvertrauen und Urangst. In der Geburt zeichnet sich das schon ab – aus einer Einheit zu einem Individuum zu werden. Die Wahrnehmung der Urangst beginnt mit der Geburt. Unsere Lebenskunst besteht aus einer ständigen Herausforderung hoffen und lieben zu lernen, ein ‚in Gottes Art‘ liebender Mensch zu werden und Gewalt, Gier und Lüge zu überwinden.
Im dritten Teil seines Vortrages kam Prof. Zulehner auf drei herausfordernde Ängste:
· im politischen Bereich: wie geprägt sind verschiedene Kulturen von der Angst?
· im spirituellen Bereich: wie ist das mit der ‚Heilsangst‘?
· im persönlichen Bereich: wie ist das mit der Angst zu kurz zu kommen?
Im politischen Bereich fokussiert der Referent auf Geopolitik und Emotionen und gibt einen Überblick darüber, welche Emotionen welchen Kontinent bestimmen. (siehe Power-point Präsentation)
Der Politik der Angst stellt er eine Politik des Vertrauens gegenüber, die sich in folgendem verwirklichen kann:
· Waffenstillstand
· Keine Waffengeschäfte
· Nahrung und Bildung in den Flüchtlingslagern
· Geordnete Aufnahme von Flüchtlingen
· Gemeinsame Verantwortung Europas
· Marshallplan für ‚danach‘
Im persönlichen Bereich hilft folgendes um der Angst zu begegnen:
· Persönlichkeitsbildung
· Politische Bildung
· Interreligiöse Bildung
· Gemeinsam Feste
· Musik
Im spirituellen Bereich: mit Heilsangst ist auch Heilspessimismus oder Höllenangst gemeint. Ausdruck dafür ist z. B. die Nottaufe. Verbunden mit dieser Angst ist eine hohe Anstrengung der ‚Verdammnis‘ zu entkommen. Um diesen Ängsten zu begegnen, braucht es die Vorstellung der universellen Hoffnung für alle. „Heute hoffe ich, daß alle gerettet werden“ Rahner.
Mit einem Zitat von R. Rohr „it is not necessary to be perfect, but it is necessary to be connected”
(es ist nicht notwendig perfekt zu sein, aber es ist notwendig verbunden zu sein) leitet Prof. Zulehner seine Abschlussgedanken ein. Die Vorstellung des Fegfeuers als Hoffnungserzählung zu nehmen um unvollendet sterben zu können. „Das Fegfeuer gibt mir ein erfreuliches Recht als Fragment in den Tod zu gehen um darin vollendet zu werden zu meiner Lebenssymphonie“ (Zitat Zulehner)
Auf die Frage einer Teilnehmerin, was dieser Vortrag mit dem Thema zu tun habe, meint er: ein ständiges Lernen und Wachsen in der Erkenntnis bis ins Alter.
Mag. Barbara Knittel