Exkursion
Zeitsprung:
St. Peter in Mistail und Ernst Ludwig Kirchner in Davos
Dienstag, 6. Oktober 2020
08.30 bis 18.30 Uhr
Busfahrt ab/bis Bahnhof Götzis
Edith Lutz
Diese Exkursion war ursprünglich für den Juni 2020 geplant, musste aber gleich zweimal
coronabedingt verschoben werden. Das lange Warten hat sich aber für 36 Teilnehmer*innen
gelohnt, denn die Begegnung mit herausragenden Kunstschätzen in Graubünden fand an einem
prachtvollen, warmen Herbsttag statt.
Von Tiefencastel führt ein kurzer Fußweg zur Kirche St. Peter in Mistail, die in romantischer
Abgeschiedenheit über der steilen Schyn-Schlucht gelegen ist. Die kunstgeschichtliche Führung
übernahm unser Teammitglied Edith Lutz, die die ganz besondere Bedeutung von Bauwerk und
Wandgemälden erläuterte. Die Kirche wurde in der Karolingerzeit (um 800) für ein heute nicht mehr
existierendes Nonnenkloster erbaut und stellt das einzige Beispiel für einen unverbaut im Original
erhaltenen „Churrätischen Dreiapsidensaal“ dar. Dieser Bautypus (Saalkirche mit Chorabschluss in
Form von drei raumhohen, hufeisenförmigen Apsiden) stammt ursprünglich aus dem syrisch-
palästinensischen Raum und fand im Bistum Chur besonders viel Anklang. Schon zu dieser Zeit
herrschte ein reger Kulturaustausch zwischen Ost und West, Nord und Süd statt, Graubünden spielte
dabei als Passland eine wichtige Rolle (insbes. Septimerpass). – Die karolingischen Fresken sind
bedauerlicherweise nur noch in Fragmenten erhalten, dagegen gibt es gotische Wandmalerei aus der
Zeit um 1400 von beachtlicher Qualität und mit komplexen Motiven (z.B. „Feiertagschristus“, Heilige
Drei Könige mit ungewöhnlichen Geschenken und teilweise gekleidet in der höfischen Mode der
Zeit). Da die Kirche bis Ende des 17. Jahrhunderts als Begräbnisstätte für die umliegenden
Gemeinden diente, findet sich auch ein später angefügtes Beinhaus an der Südseite.
Nach einem geselligen Mittagessen im Hotel Albula & Julier ging die Busfahrt nach Davos, um die
aktuellen Ausstellungen im Kirchner-Museum (Bau der Züricher Architekten Annette Gigon u. Mike
Guyer von 1992). Ernst Ludwig Kirchner lebte von 1917 bis zu seinem Freitod 1938 an verschiedenen
Adressen in Davos und wurde zusammen mit seiner Lebensgefährtin Erna Schilling auf dem dortigen
Waldfriedhof bestattet. Zahlreiche großformatige Gemälde wie auch Zeichnungen, Druckgrafik,
Fotografien und ein geschnitztes Bett wurden uns von Museumspädagoginnen fachkundig
nähergebracht.
Den gegenwärtigen Schwerpunkt bildete jedoch eine Ausstellung von expressiven Gemälden,
Drucken und Skulpturen des Schweizer Künstlers Martin Disler (1949-1996), der 1980 seinen
internationalen Durchbruch in Basel feierte. Die dynamischen, wuchtigen Werke der späten Jahre
zeichnen sich durch inhaltliche Komplexität und stärkere Abstraktion aus, die düsteren Farben und
apokalyptische Szenen vermögen durchaus zu verstören.
Nach einer Pause, die viele für einen Kaffeehausbesuch nützten, ging es in zügiger Fahrt mit dem
umsichtigen Chauffeur Thomas von Amann Reisen nonstop zurück zum Ausgangspunkt am Bahnhof
Götzis.
Edith Lutz
Team ALTER-nativ