Halbtagsseminar

Gutes Wohnen im Alter

Dienstag, 14. November 2023, 9.45 bis 12.30 Uhr

Bildungshaus Batschuns

Eva Lingg-Grabher, Dr.in Dipl.-Ing.in

 

Über 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzten sich am 14. November 2023 aktiv mit dem Thema „Gutes Wohnen im Alter“ auseinander. Die Referentin Dr.in Eva Lingg-Grabher gab einen spannen-den und informativen Überblick zur Wohnsituation im Alter und zeigte Handlungsmöglichkeiten auf.

Die demografische Entwicklung zeigt eine starke Zunahme der über 65-Jährigen. Auch die Anzahl der Hochaltrigen (85+) wird sich erhöhen. Die meisten dieser beiden Altersgruppen leben in Partnerschaft oder allein. Frauen stellen unter den Alleinlebenden die Mehrheit.

Was die Wohnsituation älterer Menschen betrifft, so leben viele alte Menschen im Eigentum, im ländlichen Raum ist dies oft das Einfamilienhaus. Nur etwa 20 Prozent haben laut einer Umfrage eine barrierefreie Wohnform. Die von älteren Menschen bewohnten Wohnungen sind deutlich größer als der Durchschnitt aller Wohnungen und die Umzugsbereitschaft ist niedrig. Bremsend wirken die höhere Bindung an das Eigentum, sowie der Wunsch nach dem Verbleib in der gewohnten Umgebung. Vor allem sind die Mieten in Neubauten und Mieten generell deutlich höher. Eine Trennung vom Eigentum bedeutet fast immer auch eine Entscheidung über Verkauf bzw. Erbaufteilung.

Die Mehrheit der älteren Generation wünscht „Aging in Place“ mit Unterstützung durch ambulante Pflegedienste, durch die Pflege durch Angehörige oder durch 24-Stunden-Betreuung. Eine selbstständige Wohn- und Haushaltsführung und die Nutzung des unmittelbaren Wohnumfeldes für Kontakte, für Einkäufe, für Freizeitbeschäftigung sind für das Wohlbefinden wichtig. Die Leistbarkeit der Wohnung, die Sicherheit der Wohnumgebung, eine gute Erreichbarkeit und Vertrautheit sind wichtige Faktoren um ein gutes Wohnen zu ermöglichen.

Dr.in Eva Lingg-Grabher zitierte Christine Hannemann, eine Wohnsoziologin:

„Deshalb appelliere ich: Leute, macht euch rechtzeitig Gedanken über das Wohnen im Alter! Was ist realistisch angesichts eurer sozialen Situation, eurer finanziellen Situation, eurer körperlichen und psychologischen Konstitution und eurer Lebenseinstellung.“

Die Entscheidung, wie wir im Alter leben wollen, liegt bei uns - ob wir das Eigenheim adaptieren und anpassen, die Wohnung tauschen, in ein gemeinschaftliches Wohnprojekt ziehen oder den Umzug in eine altersadäquate Wohnung planen. Häufig fehlen aber schlicht und einfach die Mittel den Wunsch umzusetzen oder es bestehen Ängste oder Vorbehalte.

Dr.in Eva Lingg-Grabher stellte viele interessante Beispiele für Wohnen im Alter vor, wie den Verein Frauenwohnen im Alter in München, www.frauenwohnen-im-alter.de, oder das eigene Reihenhaus in Lustenau. Dieses Projekt des Generationenwohnens wurde selbstinitiiert und gemeinschaftlich umgesetzt. Zudem gibt es viele gute Beispiele des umgebauten Einfamilienhauses, wie etwa das von Catarina Fineder geplante Haus, das eine Mehrfachnutzung vorsieht.  Eine Beratung durch Architektinnen und Architekten zur Verbesserung der Wohnsituation ist sinnvoll, denn diese setzen konkret beim vorfindbaren Wohnraum an. Eine Beratung über verschiedene Möglichkeiten sowie über allfällige Förderungen bietet etwa die Sanierungsberatung des Energieinstituts. Zudem informierten Mitarbeiter der ifs Stelle „Menschengerechtes Bauen“ im Rahmen der Veranstaltung über die Voraussetzungen für finanzielle Förderungen und über bauliche Verbesserungsmöglich-keiten im Wohnbereich und bei der Wohnraumanpassung (Menschengerechtes Bauen T 051755537).

Eine weitere Möglichkeit ist der Wohnungstausch, welcher etwa bei den Genossenschaften in der Schweiz oder auch in den Gemeindebauten der Stadt Wien bereits vielfach genutzt wird.

           

Nach dem Vortrag konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Kleingruppen den spannenden Fragen nachgehen:

-    Welche Wohnfragen beschäftigen mich derzeit?

-    Was sind meine Wohnwünsche für das Alter?

-    Welche Optionen sehe ich für mich für die Zukunft?

 

Die Diskussion im Anschluss zeigte, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schon intensiv mit ihrer Wohnsituation auseinandersetzen, aber die Orientierung und professionelle Beratung über Wohnmöglichkeiten im Alter in Vorarlberg intensiviert werden müsste. Und bei denjenigen, die bereits konkretere Wünsche in Richtung gemeinschaftliches Wohnen haben, fehlt das passende Angebot.

Der Wunsch wäre eine gezieltere Wohnberatung für Ältere und eine möglichst frühe Sensibilisierung für die Problematik des Einfamilienhauses, welches als Lebensabschnittslösung durchaus tauglich ist, im Alter aber oft zur Vereinsamung, teurer Unterbelegung oder auch hohen Kosten und großem Arbeitsaufwand führen kann. Weiters wurde der Wunsch nach Förderung innovativer, alternativer Modelle und nach der Schaffung vielfältiger Wohnangebote mit hoher Flexibilität geäußert. Der Wohnungswechsel in eine barrierefreie Umgebung sollte durch den Abbau von finanziellen und gesetzlichen Hürden erleichtert werden und innovative Projekte sollten sichtbar gemacht und diskutiert werden.

 

Das Seminar brachte eine überaus lebendige Auseinandersetzung mit dem Thema „Wohnen im Alter“, dank des spannenden Vortrages von Dr.in Eva Lingg-Grabher und der überaus aktiven Mitarbeit der Teilnehmerinnen und der Teilnehmer.

 

Mag. Monika Lindermayr

 

Team ALTER-nativ